Sonntag, 31. Dezember 2017

Sonntag, 31.12.
Sao Francisco do Sul: wir sind wieder am Meer. Schöne Fahrt, bedeckt und trocken, also perfekt, und wieder überwältigende Gastfreundschaft: Sao Francisco ist eine der ältesten Städte Brasiliens, hier kamen die ersten Siedler an. Mitten in der Stadt suchen wir nach dem Weg. Neben uns hält ein Auto und eine junge Frau fragt in Englisch, ob sie uns helfen kann. Als sie hört, dass wir zum Campingplatz wollen, laden sie uns in ihr großes Haus ein. Aber es ist noch früh, unser Zelt ist nass und wir wollen ans Meer. Unterwegs fragt uns eine Frau am Straßenrand, woher wir kommen.... Kaum hört sie, dass wir durch ganz Südamerika geradelt sind, schlägt sie die Hände überm Kopf zusammen, spricht viel und schnell portugiesisch und ruft was ins Haus. Sofort kommt die Familie raus, ungefähr 15 Personen, alle bestaunen uns wortreich, bringen kaltes Wasser und wenig später sitzen wir im Haus bei einer schmackhaften Fischmahlzeit. Nachdem auch die Nachbarn und Passanten über uns informiert, viele Fotos gemacht und wir mit neuen Kappen beschenkt sind, geht's weiter zum Meer.

wegen der traumhaften Lage wird Sao Francisco oft mit Rio verglichen

beim überraschenden Mittagsmahl am Wegesrand

und bisher waren alle Strände menschenleer - die Hauptsaison hat begonnen

Silvester am Strand, zwischen Meer und Gewitter


Samstag, 30.12.
Familienleben: Beim Frühstück ruft der freundliche deutschsprechende Hotelier Orlando seinen Freund in Joinville an, der "ein großes Haus hat und gut Deutsch spricht". Der lädt uns ein, die nächste Nacht in seiner Familie zu verbringen. Ein Glücksfall! Francisco trifft uns am Stadtrand und sein Sohn Samuel begleitet uns per Rad nach Hause. Herzliche Aufnahme, extrem nette Menschen, Verwöhn-Mahlzeiten, interessante Gespräche, Tipps für Joinville und Weiterfahrt... Gastfreundschaft, die uns begeistert. Würde diese Familie in Deutschland wohnen, wir hätten neue Freunde.

Abschied vom Hotel - hier geht eigentlich nichts ohne Foto mit den Deutschen und ihren Rädern
Wasservogel ? beim Spaziergang

Joinville: Blick vom Aussichtsberg Richtung Sao Francisco und Küste

sehr schöner Waldspaziergang am Aussichtsberg

welch großartige Gastfreundschaft bei Francisco und seiner Familie

Freitag, 29. Dezember 2017

Freitag, 29.12.
Dank Dauerregen, zur Netzrecherche und mal wieder zum Reifenflicken haben wir heute viel Zeit unter Tankstellendächern verbracht. Wie immer ergab sich dabei ein freundliches Gespräch mit freundlichen Menschen. Sie hatten alle deutsche Namen (Schmitt, Borchert...) und einer der jungen Angestellten sprach tatsächlich noch sehr gut deutsch. Sein Urgroßvater kam aus Deutschland hierher. Beim Abschied wollten sie uns ein Geschenk mitgeben, und so sind wir schon für Silvester ausgestattet: 



 

Donnerstag, 28.12.
Nun sind wir in Blumenau. Dies ist wohl die deutscheste Stadt in ganz Südamerika. Hier haben deutsche Siedler vor 1900 bereits eine große Gemeinde gegründet und alles der Heimat nachempfunden. Dies ist während des 2. Weltkrieges aber völlig unterbunden worden, sogar die übliche deutsche Sprache und die Schulen wurden verboten. So hat dann bis heute kaum noch jemand unsere Sprache parat. Dennoch hat man erkannt, dass mit dem „Deutschtum“ gutes Geld zu verdienen ist. Viele Häuser sind mit Fachwerk nachgerüstet worden und es gibt ein „deutsches Dorf" in der Stadt. Hier wird das zweitgrößte Oktoberfest der Welt 17 Tage lang zelebriert. Im Bierland gibt es unzählige Biersorten, die natürlich alle dem deutschen Reinheitsgebot entsprechen sollen. Es ist egal, ob das stimmt, solange es schmeckt. Aus Deutschland konnte ich nur Schneiders Weisse und Licher Weizen entdecken, immerhin! Überall taucht schwarz-rot-gold auf, es gibt Bratwurst und Sauerkraut, „Schnee“, Dirndl, Lederhosen... Irgendwie ist alles aufgesetzt, aber offensichtlich gefällt es den Einheimischen und auch den meisten Besuchern.
Wir wussten gar nicht, ob wir bleiben sollten. Mein völlig zerstörtes Lager im Vorderrad hat uns dann doch überzeugt, nach einem neuen Vorderrad zu suchen. Es war unendlich mühsam, gegen das Mahlen im Lager und das ständige Bremsen der Scheibe anzukämpfen. Das Rad stand so schief, dass die Bremsscheibe, wie eine Grille zirpend, immer gegen die Bremsbeläge gedrückt hat. Ich hätte das gern noch bis zum Ende der Reise durchgeschleift, hat aber wirklich keine Freude mehr gemacht und hier ist es leider mangels Spezialwerkzeug und -lager nicht möglich zu reparieren.
Die Mitarbeiter und auch Kunden des Radladens waren aber absolut den Reparaturstopp wert. Die südländische Freundlichkeit und auch das Interesse an unserer Tour waren überwältigend. So möchte jeder gern in Deutschland empfangen werden und 45€ für ein ordentliches Laufrad inkl. Montage sind auch völlig in Ordnung.

und immer wieder unterwegs nette Gespräche

unterwegs kurz vor "Deutschland"
Rathaus in Blumenau -aber man versteht leider nur Portugiesisch
hier erleben wir doch noch etwas aufgesetzte Weihnachtsstimmung
in bayrisch
bei 35 Grad


im Radladen Nr 4 (1-3 hatten Ferien): Renaldo fährt Radtouren, spricht Englisch und ist sehr sympatisch. Da wird die Wartezeit nicht lang
und auf der Verkaufstheke eine aufgeschlagene und vielbenutzte Bibel!


Dienstag, 26.12.
Wir sind froh, Florianopolis wieder verlassen zu haben. Es ist schon eine trostlose Stadt mit vielen sehr heruntergekommenen Ecken und auch sehr vielen Obdachlosen. Das stand so nicht in unserem Reiseführer.
Dazu haben wir dann eine echte Alternative gefunden, die aber eigentlich auch nicht so ganz unsere Welt ist: Wir haben uns einen schön gelegenen Campingplatz am Vorabend ausgesucht, der lt. Homepage auch einen FKK Strand hat. Es ist aber etwas anders als erwartet: Der ganze Platz ist von nackten Menschen gefüllt, die so jedweder Tätigkeit nachgehen. Nicht, dass das schlimm wäre.
Dennoch ist es sehr ungewohnt und auch eigentlich nicht so sinnvoll für uns und einige andere. Einzig der Sonnenhut ist erlaubt am Strand. In nullkommanichts haben wir natürlich einen Sonnenbrand. Andere haben noch viel weniger auf sich geachtet und verbrannte Busen sind hier überhaupt nichts Ungewöhnliches und andere Körperteile sind eben auch stark betroffen. Aber die kennen hier nix. Nackt im Restaurant oder die Bedienungsanleitung beim Zeltaufbau lesen, in den Gemeinschaftsduschen nackt vor dem Spiegel stehen und sich schminken und föhnen bei 30 Grad, einziges Kleidungsstück ist oft die Bauchtasche für Geld und Papiere. Wir finden das alles recht witzig und interessanterweise sind aber wir die Attraktion auf dem Campingplatz. Vermutlich aber nur, weil wir mit dem Rad unterwegs sind.
Fotos gibt es keine. Wir denken, jeder weiß, dass es verboten ist, hier Bilder zu machen.

ein Bild gibt es doch, am frühen Morgen, wo noch keiner am Strand und gerade kein Service in Sicht ist


Montag, 25. Dezember 2017

FELIZ NATAL – FELIZ NAVIDAD – FROHE WEIHNACHTEN – MERRY CHRISTMAS

 ...und dass der verheißene Friede auf Erden immer mehr Wirklichkeit werde in unseren Herzen und in allen Ländern dieser Welt!


Wir verbringen die Weihnachtstage in Florianopolis, Hauptstadt von Santa Catarina und Bischofsstadt. Wir hatten auf die Christmette in der Kathedrale gehofft, aber keine Suche im Internet und keine Erkundung vor Ort lieferte einen Hinweis. Die Kathedrale war geschlossen und verlassen gestern, am Heiligen Abend, und im Polizeiposten gegenüber hat man uns erklärt, dass es dort keine Messe gibt. Erfolgreicher waren wir in der Franziskanerkirche: Weihnachtsgottesdienst 19 Uhr, für uns ungewohnt, weil hell, mit Klimaanlage und etwa so feierlich wie jeden Sonntag – aber mit 'Stille Nacht/Noite feliz' und Krippe, Applaus nach dem Evangelium und viel Freude unter den Menschen. Heute haben wir es nochmal versucht in der Kathedrale, mit Erfolg, und konnten noch einmal Weihnachtsfeierlichkeit miterleben. Leider verstehen wir nichts, aber da die Liedtexte eingeblendet wurden, konnten wir immerhin mitsingen. Neben 'Stille Nacht' sangen alle mit bei „Natal e vida que nasce. Natal e Cristo que vem. Nos somos o seu presepio e a nossa casa e Belém“
Wenn wir auch gesprochen kein Wort Portugiesisch verstehen, gelesen kann man doch recht viel erahnen und froh mitsingen. 

'Stille Nacht' - Christmette in der Franziskanerkirche


Weihnachtsfrühstück im Hostel
in der Kathedrale
'Gespräch' vor der Kathedrale
schöne Bescherung

Freitag, 22. Dezember 2017

Freitag, 22.12.
Begegnungen: Immer wieder werden wir unterwegs angesprochen, einmal in aktuellem Süddeutsch. Jemand erkundigt sich nach unserer Tour, und dann erzählt er, dass er seit 10 Jahren keinen Winter erlebt hat. Er lebt jeweils ein halbes Jahr auf seinem Weingut in Brasilien und im Sommer in Deutschland mit Erdbeerplantagen. Es scheint ihm gut zu gehen so. Er betont allerdings, dass er hier im europäischsten Teil Brasiliens lebt, wo alles sauberer und ordentlicher ist. Was ihm besonders gefällt, ist, dass hier nicht alles geregelt und verboten ist.
Weiter unterwegs fragen wir jemanden nach dem Weg. Er ist hocherfreut, Deutsche zu treffen, obwohl seine Vorfahren aus Italien kommen und wir uns kaum verständigen können. Jedenfalls geht er ein Stück mit uns, um uns den Weg zu zeigen, und unterwegs erzählt er immer wieder, dass wir aus Deutschland kommen. Nur den Weg zeigen reicht ihm nicht, er muss uns unbedingt etwas zu essen kaufen und ist dann fast traurig, dass er zur Arbeit muss.
Leider gibt es auch andere Erfahrungen hier. Wir kommen nach 90 km zu einem Campingplatz, zu dem uns google maps geführt hat, und dort erklärt man uns, dass wir nicht auf der großen Wiese, auf der nur 5 Zelte stehen, campieren dürfen, weil „privado, no publico, solo Asuncion xy“ - Warum? Was ist das Problem?“ - „Prohibido“!! Das wäre in den armen Ländern unvorstellbar gewesen. 

Torres - der Südbrasilianer liebster Badeort
netter "Grenzübergang" zwischen den Regionen Rio do Sul und Santa Catarina
Schwerlasttransport auf Südamerikanisch
immer noch Brasilien, sieht nur aus wie Deutschland
von der Brücke aus haben wir immer wieder Delfine gesehen, aber sie waren weit schneller als die Kamera
auf dem Weg zur Küste, und der Wind kam von vorne links - ob wir morgen noch zurückkommen?
Frust bei der Campingplatzsuche - aber das Meer ist einfach schön hier

Mittwoch, 20. Dezember 2017

Dienstag, 19.12.
Wir sind in Deutsch–Brasilien angekommen. Im Touristen-Infozentrum spricht ein Mitarbeiter deutsch, ein Nachbar auf dem Campingplatz begrüßt uns auf deutsch und der Inhaber blickt auch auf fünf Generationen deutsch zurück und erklärt seine Familie in deutscher Sprache. Dafür gibt er uns auch noch eine Hochglanzbroschüre seiner Familie mit allen wichtigen Familienbildern und Stammbaum. Sie stammen ursprünglich zu Preußens Zeiten aus Ottweiler. (Wo mag das sein?) Dann sagt er auch noch, dass wir ihm nichts schulden, Radfahrer übernachten bei ihm immer kostenlos. Wir sind uns mal wieder nicht so sicher, ob wir wohl als sehr arm durchgehen. Wie dem auch sei, er macht seinem Land jedenfalls alle Ehre, was die Gastfreundschaft angeht. Sehr nette Argentinier, die ihren Kontinent auch mit dem Fahrrad seit etwa 9 Monaten bereisen, lernen wir auch noch hier kennen.

"tunel verde" auf dem Weg zur Küste

Advent in brasilianisch- wer genau hinschaut, sieht, woraus die Tanne gemacht ist
Dünen auf beiden Seiten der Straße - zwischen Meer und Lagune
die beliebtesten Badeorte bieten vielen Urlaubern Platz, aber noch sind kaum welche hier

endlich mal ein Camping, der schon offen ist

Sonntag, 17. Dezember 2017

Freitag-Sonntag, 15.-17.12.
Das Land ist auf diesem Teilstück recht eintönig und es bietet auch keinerlei vernünftigen Internetzugang, der uns den Blog leicht weiterschreiben ließe. Wir sind hinter Pelotas durch eine grüne Weiden- und Wälderlandschaft gefahren, die nur hin und wieder eine kleine Ortschaft bot. Es sieht inzwischen einer deutschen Mittelgebirgslandschaft sehr ähnlich. Ebenfalls schwierig war es, geeignete Unterkünfte zu finden. So haben wir an Tankstellen im Zelt übernachtet. So freundlich wie die Angestellten dort sind auch die weiteren Brasilianer, die uns immer wieder ansprechen, ausfragen und auch zur Rast in ihr Haus einladen. Das kommt nur meistens zur unpassenden Zeit und wir verstehen sie leider kaum noch. Der Dialekt, der hier das Portugiesisch stark in einen osteuropäischen Tonfall verwandelt, ist unglaublich ausgeprägt. Heute sind wir in der Hauptstadt von Rio Grande do Sul: Porto Alegre. Hier haben wir ein brauchbares Zimmer gefunden, aber die Stadt ist insgesamt alles andere als einladend. Riesige Hochhäuser und schäbige Wohnblocks wechseln sich ab. Sehr viele Bettler und Obdachlose und vor abendlichem Ausgehen wird ausdrücklich gewarnt, wenn, dann nur mit dem Taxi. Wir haben keine große Lust, hier länger zu verweilen und vertagen den geplanten Ruhetag lieber etwas in Richtung Meer.

einzige Tankstelle, leider ohne Wiese, unangenehm windgeschützt und glühend heiß

wenigstens die Taxischilder sind schön hier

fast wie in Deutschland: Wiesen, Felder, Hügel und Wald
Einfahrt nach Porto Alegre: kilometerlanger Radweg an der Lagune
im Stadtzentrum



Donnerstag, 14. Dezember 2017

Donnerstag, 14.12.
Es ist immer wieder erstaunlich, mit welchem Interesse uns die Menschen hier begegnen. Viele sprechen uns an, obwohl wir heute gar nicht mit unserem Reisegepäck unterwegs sind. Viele haben Tipps zur Route mit Sehenswertem auf Lager, andere wollen uns vor der gefärlichen Seite Südamerikas warnen. Heute gab es eine neue Bekanntschaft, gleich mit einem ganzen Team von Fahrradkurieren, die uns in ihre Garage einluden. Sie waren richtig interessiert an all den Besonderheiten unserer Räder, der Strecke und wie eben alles so klappt. Sie hatten große Lust auch selbst eine solche Reise zu unternehmen. Sie haben in ihren jungen Jahren (20-25 Jahre alt) bereits ein eigenes Unternehmen mit dem Kurierdienst gegründet. Sehr sympathische junge Leute, denen wir selbstverständlich eine Unterkunft angeboten haben, falls sie bei einer Reise auch durch Deutschland fahren.